HOME TAUCHREISEFÜHRER HÖHLENTAUCHEN ONLINE-TEXTE TAUCHGESCHICHTE ABENTEUER/BIOGRAFIEN
norbert

Norwegen

Schottland

Sardinien

Am Roten Meer

Griechenland

Episoden aus einem früheren Sporttaucheralltag

Naturkundliches

Der Unterwasser-Camper / Dringend gesucht

Das letzte Boot

Tauchergeschichten

Nachdenkliches?

 

 

Episoden aus einem früheren Sporttaucheralltag

Ich fotografierte einen Hecht  -  Vater und Tochter  -  Eistauchen   | nach unten

Klicken auf Bilder mit Hyperlinks erlaubt eine größere Darstellung, retour via Browserbutton "zurück"


Ich fotografierte einen Hecht - Ein Drama in zwei Episoden

Ein schöner Junitag. Wir schnorchelten durch eine der vielen Buchten des Fürstensees. Wir, das waren Karlchen und ich. Fast am Ausgang der Bucht stießen wir auf den ersten großen Hecht. Hechte gehören bekanntlich zu unseren unterseeischen Regionen wie das Salz zum Ei. So schön Laichkrauthaine auch aussehen mögen mit ihren drei, vier Meter langen Ranken aus zartem Grün: Steht nicht irgendwo ein Hecht zwischen den Pflanzen, wirkt alles seltsam verödet.

Unsere Bucht hielt sich an die Regel. Ein schönes großes Tier stand neben einer Ranke. Deutlich sah man von oben - aus der „Vogelperspektive" des Schnorchlers - den tief dunkelgrün gefärbten Rücken und eine heller schimmernde Flanke. Vorsichtig tauchten wir ab. Der Hecht wurde unruhig. Die Brustflossen vibrierten und ständig fixierte uns sein gelbes Auge. Zum Fotografieren war das knapp einen dreiviertel Meter lange Tier zu groß - in der Kamera waren Zwischenringe montiert, außerdem besaß ich schon genug Fotos von allein stehenden Hechten. Mein Atem wurde knapp. Doch mich interessierte noch: war es ein scheues Tier? Ich schwamm dichter heran. Der Hecht krümmte wie unter einer inneren Spannung ganz leicht den Körper, stellte sich etwas seitlicher. Die Flossen fächelten stärker. Gleich konnte ich ihn berühren. Da schnellte er mit einem kräftigen Ausschlagen des Schwanzes davon.

Hoch und Luftholen. Verfolgen war ohnehin zwecklos.

Mussteste den verjagen? Karlchen brummelte mich an. Den nehmen wir morgen als Fotomodell, rechtfertigte ich mich. Ich wollte nur sehen, ob er zu den Burschen gehört, die mit Tauchern schlechte Erfahrung gemacht haben.

Ich würde vorschlagen, beendete Karlchen den Dialog, den wir wassertretenderweise führten, wir stoßen noch bis zu der Ecke mit der großen Birke vor und drehen dann um.

Wir klemmten das Mundstück zwischen die Zähne und schnorchelten die Strecke ab. Außerhalb der Einbuchtung fiel der Grund steil ab. Deshalb lohnte es nur, dicht vor dem Gelege am Ufer entlang zu schwimmen. Ein lohnendes Motiv kam mir nicht mehr vor die Linse. Wir drehten an der Landspitze um, zurück zum Schlauchboot.

Karlchen hängte den Bleigurt an die Fangleine.

Von kräftiger Beinarbeit unterstützt, stemmte er sich an der Wulst hoch und rutschte vornüber ins Boot. Er nahm unsere Ausrüstung in Empfang. Im Nu herrschte in der Gummischüssel wieder ein wüstes Durcheinander. Ich schwang mich dazu. Karlchen stöhnte auf und rettete seine Tauchermaske. Was sollte das nur werden, wenn noch die Tauchergeräte hinzukämen?

Ich holte den Anker ein und rief: volle Kraft voraus! Da, sagte Karlchen und reichte mir niederträchtig lächelnd das Paddel. Volle Kraft voraus!

Am Tag darauf. Wir lagen in der Bucht vor Anker. Ich reichte Karlchen das Tauchergerät ins Wasser. Er öffnete das Ventil der rechten Druckflasche und steckte das Mundstück des Atemreglers zwischen die Zähne. Schon halb unter Wasser, schob er das Gerät über den Kopf. Ich hatte inzwischen die Kamera außenbords platziert und das andere Tauchergerät übergewuchtet. Unten alles frei? Ja ! Mit einer Rolle rückwärts glitt ich ins Wasser, fand mich in rund zwei Metern Tiefe wieder und sortierte: da war unten und da oben, da Karlchen und das Boot. Ich tauchte auf, wir kontrollierten gegenseitig die Ausrüstung.

Karlchen drehte den Daumen nach unten. Ich schüttelte den Kopf und deutete auf den Fotoapparat: Ja, die Bereitschaftsanzeige leuchtete, der Blitz blitzte. Ich schaltete ab. Dafür war nachher noch Zeit. Karlchen rang die Hände. Völlig grundlos. Ich war doch schon fertig. Alles in Ordnung! Mein Daumen ging nach unten. Karlchen stellte die Nullmarke des Taucherchronografen auf den großen Zeiger. Eine Minute später schwebten wir bereits über den unterseeischen Wiesen. Die Sonne stellte Säulen aus streifigem Licht in das zarte Grün. Hoch über uns zogen Ukeleis wie eine Schar verwunschener Vögel. Wie immer - die ersten Minuten waren die schönsten! Ich sah auf den Kompass und zeigte in die Richtung, in der Laichkrauthain und Hecht liegen mussten. Wir hätten ja auch direkt vor den Pflanzen abtauchen können; aber es war zu befürchten, dass der Hecht den doch recht geräuschvollen Einstieg übel genommen hätte. Besser war es, sich anzupirschen. Wir schwammen in einem Abstand von zwei Metern. Ich besah mir Karlchen durch den Lichtschacht der Kamera. Nein, das war es wohl nicht. Kein Vordergrund, keine Kulisse.

Sanft stieg der Grund an. Die ersten Laichkrautranken streckten sich gegen die Oberfläche, wir waren genau auf Kurs. Ob der Hecht noch an seinem Platz stand? Behutsam pirschten wir und unsere Köpfe pendelten wie die Antenne eines Abtastradars. Da stand auch schon unser Freund, ziemlich hoch, vielleicht anderthalb Meter unter der Wasseroberfläche, direkt neben einer Laichkrautranke. Das Tier verharrte unbeweglich. Ein gestreckter dunkler Schatten vor silbernem Hintergrund. Ich winkte Karlchen. Wir trennten uns. Karlchen schlug einen Bogen. Langsam stiegen wir auf. Karlchen näherte sich dem Tier von vorn. so wurde es vermutlich am wenigsten beunruhigt. Vorsichtig ging er dichter heran. Das nervöse Flossen Spiel des Hechtes verriet, dass er eine erhöhte Alarmstufe eingeschaltet hatte. Wir verharrten für Minuten. Die sorgfältige Austarierung kam uns nun zu Gute. Kaum merklich schob sich Karlchen heran. Knapp einen Meter trennen Mensch und Tier. Behutsam manövrierte ich mich seitlich des Fisches in Aufnahmeposition. Wieder ließen wir einige Minuten verstreichen. Die Sache war ungeheuer spannend. Dem Hecht konnte die Annäherung zu bedrohlich erscheinen. Überschritten wir eine bestimmte Entfernung, seine Fluchtdistanz, so empfahl er sich mit einem Schlag. Die Aufnahme war im Eimer. Je dichter jedoch Karlchen herankäme, desto wirkungsvoller könnte das Foto werden. Feste Regel gab es nicht. Die Fluchtdistanz war ungewiss. Mal ließen sich Hechte fast berühren. Bei anderen Gelegenheiten zogen sie schon bei einer Annäherung auf anderthalb Meter ab. Doch wir waren geübt in diesem Spiel.

Ich hob die Kamera und neigte mich über den Einblick. Behutsam fuhr ich das Gerät heran. Stattlich und gestochen scharf erschien der Hecht auf der Mattscheibe. Dahinter im grünlichen Raum noch etwas verschwommen, das Karlchen. Allmählich gewann auch er an Schärfe. Mein Finger krümmte sich um den Auslöser. Warte, warte, befahl ich mir, noch zwei, drei Sekunden. Poseidon hilf, flehte ich. Lass das Tier nicht flüchten! Gleich musste Karlchen den Hecht berühren.

Meine Kehle war trocken. Ich schluckte. Jetzt. Wunderschön das Bild im Sucher. Der staatliche Hecht, dahinter Karlchen, die Hand wie lockend dem Fisch entgegen gestreckt. Harmonie atmete das Bild, Vertrauen zwischen Mensch und Tier. Keine Bedrohung der Kreatur durch den fremden Eindringling, sondern Freude an deren Existenz. Als auch noch eine Kette silberner Luftperlen aus Karlchens Regler quoll, löst ich aus.

Es war das Bild!

Vielerlei geschah: Der Verschluss der Kamera lief ab. Der Blitz verweigert die Zündung. Der Hecht flüchtete. Und Karlchen zeigte mir einen Vogel. Es wäre das Bild gewesen. Der einzige kleine Fehler: Ich hatte vergessen, das Blitzgerät einzuschalten!   nach unten   nach oben     home

 

Vater und Tochter . . . an einem schönen Sommertag

„Papi, ich will in die Zeitung!"

„Hmm!"

„Papi!!"

„Was?"

„Ich will in die Zeitung!!!"

„Warum?“

Die Tochter schob die Tauchzeitschriften beiseite und erklärte. „Da sind 'ne Masse von Bildern von Kindern drin. Nun will ich auch mal in die Zeitung!"

„Möchte bitte und Zeitschrift!"

„Nun will ich möchte bitte auch drin sein!"

„Hmm, mal sehen", startete ich den voraussichtlich vergeblichen Versuch, mir mit einer Unverbindlichkeit Ruhe zu verschaffen.

„Was glaubst du: mehr ja oder mehr nein?"

„Himmelherrgott!", demonstrativ warf ich mich auf dem Sonnenrost am heimatlichen Binnengewässer auf die andere Seite, um mein Bedürfnis an Inruhegelassenzuwerden auszudrücken.

„Ja, ja, ja - mal sehen, was sich machen lässt“.

Manchmal sind Gedanken wie eine bestimmt Art von Fliegen. Man kann sie zwar für Augenblicke verscheuchen, doch ein wenig später umkreisen sie einen abermals, fallen lästig. Man muss sich mit ihnen beschäftigen. Hm! Die Tochter, zwar weniger auf Grund der Faulheit des Vaters tauchende Tochter als eines Tauchers Tochter, will in die Taucherzeitschrift! Irgendwie ginge das schon. Eine Bildgeschichte oder so. Man könnte tun, als habe das Kind geschrieben, etwa von seinen Erlebnissen berichtet. Nein, geht nicht! War schon da. Man könnte tun, als arbeite man dem Aufbau einer Geschichte und schreibt die Überlegungen dazu als solche. Geht auch nicht. Es mangelte mindestens an Didaktik zum Thema Tauchen. Na, mal sehen. Die Tochter ins Wasser gejagt, mit ihr ein Stück geschnorchelt und fotografiert! - und vielleicht ergibt sich der Rest!

Ich rappelte mich seufzend auf, klarierte die Kamera, ließ ABC-Ausrüstungen anschleppen. Die Tochter haute trotz der Wärme gleich mir ein tüchtiges Stück Spucke in die Maske und spülte kurz nach. Sie fummelte noch eine Weile an der Tauchermaske herum. Die Länge des Nackenbandes stimmte nicht. Die mangelnde Übereinstimmung von Gesichts- und Maskenform musste durch strafferen Sitz kompensiert werden. Ein auf der Hand liegendes Wortspiel kann nicht verkniffen werden: die kompensierte Kompensatormaske. Zu loben bleibt, dass sie nach dem Einstellen Nackenband und Schnallen hinter die Nockenkehlen drückte und so das Band arretierte. Nicht alle Kompensatormaskenbesitzer wissen das! Die Haare unter dem Maskenrand hervorgezerrt, sonst läuft das Wasser da rein; den Schnorchel unter das Nackenband geschoben (immer auf der gleichen Seite, damit etwa der Griff nach links zur Routine wird) - und los ging es!

Wohin? Mit dem Sandgrund der Badestelle lassen sich wohl kaum druckreife Begeisterungsstürme entlocken. Die rettende Idee lag einige Schwimmminuten entfernt: der Gelegegürtel! In den einheimischen Binnengewässern ist es meiner Ansicht nach das interessanteste Areal. Zumindest im Frühsommer. Allenfalls die Zone der Laichkräuter und ein schmaler Streifen davor mag in klaren und fischreichen Gewässern noch besser sein. Aber wo gibt es die noch?

Gemächlich schnorchelten wir in Richtung Abenteuer. Abenteuer nicht im Sinne jenes Exotischen oder Gefährlichen, dem harte Männer Falten im Gesicht und Magengeschwüre verdanken, sondern lediglich ungewöhnlichen Erlebnisbereichen unseres Alltags. Eine Schnorcheltour im Gelege gehört sicher dazu; besonders, wenn man die Totale vernachlässigt und seinen Blich auf Details richtet.

Mit durch den Schnorchel gegrummelten „ohs" begrüßte die Tochter den „Wald". Er bestand hier überwiegend aus Binsen. Die Halme standen wie die Soldaten, streng im gefälligen Arrangement und scheinbar uninteressiert; in den Händen strahlenförmige Lanzen aus goldfarbenem Licht. Wie immer unter Wasser, erschien auch das vorherrschende Grün dieses Raumes so harmonisch und ausgewogen, als habe es ein ungeheuer begabter Maler komponiert. Und auch wie immer beleben Schulen junger Fische diese Zone.

Wir flösselten am Gelege entlang. Ich zeigte der Tochter verschiedene Schnecken, den Hecht, die herrlich gefärbten Rotfedern, die großäugigen und hochrückigen Güstern, deren platte Körper wie eine extra für das Streifen im Schilf angefertigte Maßarbeit erschien.

„Ha, Hati, ha", aufgeregt erheischte das Töchterchen meine Aufmerksamkeit. Ein Harsch! Ein großer Flussharsch - verflixter Schnorcheldialekt -, Flussbarsch jagte einen Ukelei, der sich durch verzweifelte Sprünge zu retten suchte. Verfolgter und Verfolger verschwanden im grünlichen Dämmer. Ein Schwall von Lauten schlug an mein Ohr. Selbstverständlich verstand ich kein Wort. Offenbar hatte die Tochter eine Reihe von Fragen. Ich zerrte sie in eine Schneise und stellte mich hin.

Natürlich tat ihr der kleine arme Fisch leid. Ich versuchte, einiges über die Gesetzmäßigkeiten in der Natur zu erklären. Unter Zähneklappern sah sie ein, dass nun einmal nicht alle Lebewesen, einschließlich uns Menschen, nur „Grasfresser" sind. Dann wollte sie sich wieder ins Wasser stürzen. Ich brachte väterliche Autorität und Kältezittern ins Spiel: „Für heute Schluss!“ Wir trabten zum Ufer zurück.

„Hast du dir schon etwas für die Zeitung ausgedacht?"

„Na ja", sagte ich, „Zeitschrift, und die Geschichte könnte möglicherweise so beginnen: Papi, ich will in die Zeitung!“     nach unten   nach oben   home

 

Eistauchen

Gedanken, am Ende einer Reihe vieler heißer Sommertage: Eis, Eis, Eis! Eistauchen - das wäre schon eine Sache. Aber an Winter ist noch lange nicht zu denken...

Ob man in dieser Saison mit genügend Eis rechnen darf? Die tollkühnen Männer mit den klappernden Zähnen - sagen manche. Kann ich nur klappern, äh, lachen! Neoprene macht's möglich. Viel problematischer ist die Sache mit dem Umkleiden. ABC - ein Taucher steht im Schnee! Das ist wohl nicht das Größte. Wenn sich kein fester Stützpunkt am Wasser befindet und ich was vorschlagen dürfte, würde ich sagen: ein, zwei Holzroste bauen, das Gestänge des kleinsten verfügbaren Steilwandzeltes aufstellen und das Überzelt ’rüberwerfen. Im Innern platziert man je nach Raumgröße ein bis zwei bullernde Campingkocher. So hat man’s zum Umkleiden gemütlich und Warmwasser zu füllen der Taucheranzüge und für Grog. Letzteres nach den Tauchen! Wir watscheln zum Einstieg. Hinein. Hinab.  

         

Ich lasse die Eiskante los und versinken in einem Kellerloch. Die Sicht ist - wie gewöhnlich im Winter - bombastisch. Ich schwebe in einem scheinbar endlosen Raum. Lediglich die kristallfarbene Decke mit der Öffnung, durch die ich meine Sicherheitsleine hereinragen sehe und der schwache Schimmer des Grundes verraten vage Grenzen. Aber die Unterwasserlandschaft enttäuscht. Statt mehr oder weniger üppiger Vegetation kümmern nur noch einige Überreste vor sich hin. Auch viele Fische haben sich in tiefe Regionen zurückgezogen, wo sie in einer Art Kältestarre den Winter überdauern. Ich bemerke, dass der Reiz des Eistauchens lediglich im Ungewohnten, im klaren Wasser, der Eisdecke und so weiter liegt - und kehre zurück in die Realität.

Eis, Eis, Eis! Warum ich danach schreie? Nur wegen der unerträglichen Wärme? Es gibt mehrere Gründe eines Plädoyers für zukünftige Aktionen: Es ist eine der Möglichkeiten zum Tauchtraining auch unter erschwerten Bedingungen, die Genugtuung der Selbstbetätigung (eine schwierige Situation gemeistert zu haben) zu spüren und den Reiz des Ungewöhnlichen erleben zu können. Deshalb sehe ich mir alte Bilder vom Eistauchen an, träume - und warte im übrigens auf Eis, Eis, Eis . . .


nach oben  |  home  |  zurück zum Inhaltsverzeichnis

Für Nachfragen per E-Mail